Die Alm als Kulturlandschaft

Tag der Landschaft der Stiftung Landschaft auf der Obermoaralm am Fuchsberg

Vom Menschen geschaffen, von der Natur geprägt – so ungefähr lässt sich die Alm als Lebensraum charakterisieren. Die Stiftung Landschaft hat am„Tag der Landschaft“ die Almen in den Fokus gerückt, denn „unsere Aufgabe ist es, dieses Werk von Mensch und Natur zu pflegen“, sagt Präsidentin Sigrid Pernthaler.

© 2024 Heimatpflegeverband SüdtirolSeit zehn Jahren hält die Stiftung Landschaft jährlich den Tag der Landschaft ab. 2022 traf man sich auf einer besonders artenreichen Bergwiese in Planeil, die ein älterer Bauer der Stiftung verkauft hatte, welche sich seitdem um den Erhalt dieses auch mit seltenen Pflanzenarten gespickten Naturreservates kümmert. Anfang Juli dieses Jahres war hingegen die seit 2003 denkmalgeschützte Obermoaralm im Schnalstal das Ziel der Stiftungsmitglieder. Es ist eine der wenigen Almen in Südtirol, die unter Denkmalschutz gestellt wurden, ein wunderbares Ensemble von fünf Gebäuden auf über Die Alm als Kulturerbe Tag der Landschaft der Stiftung Landschaft auf der Obermoaralm am Fuchsberg 2000 Metern Meereshöhe oberhalb von Katharinaberg. Die Obermoaralm – sie gehört noch zur Gemeinde Naturns – war schon seit jeher im Besitz des Moarhofes und des Obermoarhofes – einst ein einziger Hof, den der Ururgroßvater der heutigen Eigentümer erworben hatte, der später geteilt wurde und wo heute die Familien Valentin Müller und Florian Müller zwei Landwirtschaften betreiben.

Mehr als 500 Jahre alt
Dendrochronologische Untersuchungen, also Altersbestimmungen anhand des Holzes, sind bei Almen selten. Auf der Obermoaralmwurden sie durchgeführt und kamen zu einem erstaunlichen Ergebnis: Die Gebäude – Almhütte mit Wohn-/Schlafraum und Stall, Vorratskasten, Schweinestall und Herdhütte – stehen dort seit mindestens 500 Jahren. So lange haben sie dem Wetter und den Klimaveränderungen standgehalten – was für die Qualität des verwendeten Materials und für das Geschick der Erbauer spricht. Freilichwurde das eine oder andere im Lauf der Jahrhunderte ausgebessert, doch große Eingriffe hat es nicht gegeben. Nach wie vor ist die Alm im Sommer bewirtschaftet. Die Schwester eines der Eigentümer, Michaela, tischt hungrigen Wanderern einfache Bauernkost auf. Um einen Gastbetrieb handelt es sich allerdings nicht. Hier oben haben die Kühe das Sagen – edles Grauvieh, mit Hörnern ausgestattet – ein heutzutage leider nur noch seltenes Phänomen. Weiter in Richtung der Gipfel tun sich Ziegen und Schafe an den winzigen Gräslein gütlich.

© 2024 Heimatpflegeverband Südtirol


Wenn Mensch, Tier und Pflanzen auf der Alm freundlich zusammenleben und aufeinander Acht geben, wird dieser einzigartige Lebensraum erhalten bleiben.

Sigrid Pernthaler

Behutsame Sanierung
Seit einigen Jahren hat die Alm eine Zufahrt, die nur mit Genehmigung des Forstamtes befahren werden darf. Vorher gab es eine Materialseilbahn bis zum zwei Kilometer entfernten Dickhof. Die Erschließung durch einen Fahrweg macht es den Bauern möglich, das Holz des Waldes mit zu nutzen. Außerdem erleichtert es wesentlich die nunmehr unbedingt notwendige Sanierung, um die sich die Eigentümerfamilien gerne bemühen. Mit einem Dach hat man bereits begonnen, um die Innenräume zu schützen. Nun sollten weitere möglichst behutsame Maßnahmen erfolgen, die dem Erhalt des denkmalgeschützten Ensembles Rechnung tragen. Und hier kommt nun die Stiftung Landschaft ins Spiel. „Ein Mitglied hat uns auf dieses wunderbare Ensemble aufmerksam gemacht“, erzählt Sigrid Pernthaler. Man habe sich die Obermoaralm angeschaut, mit den Eigentümern undmit dem Landesdenkmalamt über die notwendigen Maßnahmen gesprochen, einen Sponsor für die Finanzierung eines Teils der Arbeiten gefunden – „und nun können wir loslegen“. Die Alm soll nun saniert, dabei imWesentlichen in ihrem ursprünglichen Aussehen belassen, dennoch aber zu guten Bedingungen bewohn- bzw. benutzbar gemacht werden. Für die Umsetzung dieser Ziele sind Fachleute notwendig, die wissen, was sie tun und behutsamvorgehen. Auch darüber wurde amTag der Landschaft diskutiert. „Es wird eine Zusammenarbeit von Stiftung, Landesdenkmalamt und Eigentümern sein“, erklärt Sigrid Pernthaler. Letztere werden u. a. das Holz zur Verfügung stellen und Hand anlegen, wo es braucht. Man wird Schritt für Schritt vorgehen, auch mit der finanziellen Unterstützung durch das Landesdenkmalamt.


Die Stiftung Landschaft
„Das von Natur und Mensch geschaffene landschaftliche Erbe Südtirols in seiner ökologischen und kulturgeschichtlichen Vielfalt zu erhalten und nachhaltig zu sichern, ist unser Ziel.“ Dieser Satz auf der Startseite der Homepage sagt schon sehr viel über die Stiftung Landschaft Südtirol aus. 2009 von 24 Personen gegründet, ist die Stiftung mittlerweile auf über 100 Mitglieder angewachsen. Sie alle ermöglichen durch Mitgliedsbeiträge und Spenden die ehrenamtliche Tätigkeit, die von einem Vorstand geleitet wird: Sigrid Pernthaler als Präsidentin, Hanspeter Staffler als Vizepräsident sowie Lucia Attinà, Norbert Dejori und Thomas Wilhalm. Die Stiftung kauft Liegenschaften an, erbt sie oder bekommt sie auf anderem Wege überantwortet, um sie im Sinne gewachsener Kultur zu schützen, zu fördern, weiterzuentwickeln und nachhaltig zu sichern. Im Laufe der Jahre haben sich fixe Veranstaltungen im Jahreskalender der Stiftung herauskristallisiert, etwa das Hoffest auf dem stiftungseigenen Crozzolhof in Salurn, der Tag der Landschaft im Sommer und die Stubengespräche rund um Martini im November. Bei Letzteren wird mit Fachleuten über ein Thema diskutiert. Im November dieses Jahres werden es erneut die Almen und Almhütten sein, die bei den Stubengesprächen im Mittelpunkt stehen.

Erhebung der Almen angeregt
Für die Stiftung Landschaft ist das Projekt Obermoaralmauch deshalb etwas Besonderes, weilman imZuge der Vorbereitungen auf die Sanierung entdeckt hat, dass Südtirols Almbestand nicht wirklich erhoben ist. „Das ist für uns ein Anlass, um darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig eine Erhebung wäre. Denn es gibt bestimmt noch eine schöne Anzahl an schützens- bzw. erhaltenswerten Almen, deren wertvolle Gebäude ansonsten vielleicht abgerissen oder die sonst aufgelassen werden.“ Almen seien ein wesentliches Stück Kulturlandschaft, die aber entsprechend gepflegt und bewirtschaftet werden müssten, um ihren von Biodiversität geprägten Charakter zu bewahren. „Wenn Mensch, Tier und Pflanzen auf der Alm freundlich zusammenleben und aufeinander Acht geben, wird dieser einzigartige Lebensraum erhalten bleiben", fasst Sigrid Pernthaler ihre Zukunftsvision zusammen.

Text: Edith Runer

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