Die mittelalterliche Bindergasse, einst von einflussreichen Zünften belebter, geschäftiger und gastlicher Ort, verkommt heute mehr und mehr zu einer gesichtslosen, vernachlässigten, und schmutzigen Allerweltstraße. Dass die Zeit nicht stehen bleibt und sich auch die Orte weiterentwickeln, geht für mich in Ordnung. Was jedoch heute in dieser Straße abläuft, ist gelinde gesagt untragbar.

Obwohl die Bindergasse zu Bozens Fußgängerzone gehört, verstopfen tagtäglich von ca. 7:00 Uhr bis ca. 10:00 Uhr unzählige Kleinlaster und Zulieferautos die Gasse, die es den Fußgängern und Radfahrern mitunter manchmal unmöglich machen, durchzugehen oder zu radeln. Warum kann man denn nicht -so wie in anderen Städten auch- die Pakete und Waren mit elektrischen Hubwagen in die Fußgängerzone bringen?

Sind diese Luftverpester endlich weg, haben die Fußgänger mit einem weiteren Problem zu kämpfen. Liegengelassene Hundehäufchen und Hundeurin zwingen sie zu einem Zick-Zack-Kurs, um den Hinterlassenschaften der respektlosen Tierbesitzer auszuweichen.

© 2024 Heimatpflegeverband SüdtirolDoch was jetzt noch hinzukommt, reißt dem Fass endgültig den Boden heraus! Die Fassaden der Häuser, einst mit filigranen und schmucken Zunft- und Wirtshausschildern geschmückt, werden seit geraumer Zeit mit überdimensionalen Firmenschildern und Leuchtschriften verunstaltet. Und auch die Eingangsbereiche respektieren nicht die ehemals kleinstrukturierte Bauweise der Gasse, sondern werden großflächig aufgerissen.

Und so stellt sich die Frage:

Gibt es denn in der Bozner Gemeinde keinen Gestaltungsbeirat für den öffentlichen Raum oder ein Gremium, welsches sich zumindest mit Fassadenschutz beschäftigt? Falls JA, dann wäre es interessant zu erfahren, wo und was diese Beamten machen? Falls NEIN, dann wäre ein solches Gremium unbedingt und unverzüglich einzurichten.

© 2024 Heimatpflegeverband SüdtirolDer Heimatpflegeverband bietet seit geraumer Zeit wieder unter fachkundiger Leitung Ortsbegehungen an und versucht dabei den lokalen Entscheidungsträgern Stimmiges aufzuzeigen und auf Unstimmigkeiten hinzuweisen. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes als Begegnungsorte, das Verhältnis von Bereichen für den motorisierten Verkehr und für die Fußgänger, die  architektonische Geschichte und Gegenwart des Ortes, das Verhältnis zwischen Bauten und Grünbereichen, die Verteilung der wirtschaftlichen Sektoren, die Rolle der Nahversorgung, das geschichtliche und volkskundliche Vermächtnis, die Gestaltung der Kultur- und Kulträume und vieles mehr kann dabei thematisiert und diskutiert werden mit dem Ziel, zukunftsträchtige Lösungen in der Weiterentwicklung einer Ortschaft, eines Platzes, einer Straße etc. zu finden.

Wir sind gerne bereit, mit dem Herrn Bürgermeister eine Begehung der Bozner Altstadt vorzunehmen und würden uns über eine Rückantwort freuen.

 

Bozen, 07.06.2019                                                                         Josef Oberhofer